Als “Die Feuerzangenbowle” von März bis Juni 1943 in den schalldicht abgeschotteten Babelsberger Studios der Ufa gedreht wurde, tobte draußen längst der totale Krieg, den Göbbels in seiner Sportpalastrede am 18. Februar des Jahres beschworen hatte Städte wie Hamburg oder Kassel fallen in diesem Jahr in Schutt und Asche und auch in und um Berlin herum heulen immer wieder warnend die Sirenen vor Luftangriffen.
Den Schauspielern fällt es nicht leicht, fröhlich und unbeschwert vor der Kamera zu agieren. Besonders dann nicht, wenn man gerade wieder aus dem Luftschutzbunker ans Set zurückkehrte.
Zudem haben viele der Schauspieler und Komparsen den Einberufungsbescheid in der Tasche. Darum lässt man sich Zeit bei den Dreharbeiten um den Weg an die Front hinauszuzögern. Dies
gelingt aber nur bedingt. Viele der als Komparsen engagierten “Primaner” müssen noch während der Dreharbeiten in den Krieg ziehen und viele von Ihnen erleben die Premiere des Films und
somit ihren Auftritt nicht mehr.
Beinahe hätte auch der Film selbst keine Uraufführung gehabt, weil er zunächst verboten wurde.
Der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust sah in dem Film eine “Respektlosigkeit gegenüber Autoritäten”. Es sei ohnehin schon schwer genug noch Männer für
den Schuldienst zu bekommen, führte er in seiner Begründung an. Da half es auch nichts, dass Heinrich Spoerl schon vorsorglich die Rolle des Oberlehrers Dr. Brett erfunden hatte, den es im
Roman nicht gibt und den er dann die “NS-zeitgemäße” Textpassage sprechen ließ: „Junge Bäume, die wachsen wollen, muss man anbinden, dass sie schön gerade wachsen, nicht nach allen Seiten
ausschlagen, und genauso ist es mit den jungen Menschen. Disziplin muss das Band sein, das sie bindet zu schönem geraden Wachstum.“
Rühmann wollte das Verbot nicht hinnehmen. Über gute Kontakte erhielt er eine Reiseerlaubnis ins Führerhauptquartier “Wolfsschanze”, und so fuhr er mit dem Zug von Berlin nach Ostpreußen, die
Filmrollen unterm Arm, bzw. im Gepäcknetz des Schlafwagenabteils. Rühmann bezieht als einziger Besucher im Gästehaus Quartier, das im innersten von drei Kreisen der Wolfsschanze liegt. Am
Mittag des dritten Tages dann die erlösende Meldung: Freigabe!
Hitler selbst hatte diese erteilt, nachdem Göring ihm erzählte, dass man sich vor Lachen auf die Schenkel geschlagen habe. Hitlers knappe Reaktion: “Dann soll er sofort anlaufen!”
Tage später wird Rühmann ans Telefon gerufen. Am anderen Ende ist ein Herr vom Propagandaministerium, der im Auftrag von Göbbels anfragen ließ ob Rühmann etwas Näheres darüber wisse, warum der Film
“plötzlich” erlaubt worden sei. Darauf Rühmann: “Ich freue mich sehr darüber, aber Details weiß ich auch nicht.” (Sehen Sie jetzt auch Rühmanns spitzbübisches Grinsen?)
Nicht im Februar - wie es immer mal wieder falsch dargestellt wird - sondern am 28. Januar 1944 war es dann soweit: Uraufführung im Ufa-Premierenkino “Tauentzienpalast” in der Nürnberger
Str. 57-59 und im Ufa-Palast “Königstadt” in der Schönhauser Allee. Letzterer galt als einer der größten Lichtspielräume Deutschlands und hatte 1500 Plätze.
Dabei kann man sich heute nur wundern, dass in dieser Zeit überhaupt ein Mensch zur Uraufführung ging. Alleine die Tatsache, dass in der Nacht zuvor 1077 englische Flugzeuge fast 4000 Tonnen
Bomben auf Berlin abwarfen, macht die Verwunderung darüber nur größer.
Übrigens am Tag der Uraufführung dem 28. Januar 1944 erblicken neben vielen anderen Babys auch zwei Prominente das Licht der Welt.
Im fernen Amerika ist es die US-Schauspielerin Susan Howard, die in Deutschland durch ihre Rolle der Donna Krebs in der TV-Serie Dallas bekannt wurde.
Gar nicht so weit weg - in Wentorf bei Hamburg - wird der kleine Achim geboren, der 1961 die legendäre Band “The Rattles” gründen wird. Es ist Achim Reichel.